Technische Grundlagen:
Ein bischen Physik
Der 3000GT ist wie oben schon betont nicht als Rennsportfahrzeug konzipiert, sondern als komfortables Hochleistungs-Coupe. Dennoch geht es natürlich bei Autos mit starker Motorisierung, sportlichem (und aggressivem) Erscheinungsbild und relativ hohem Preis insbesondere um die Fahrleistungen. Deshalb hier ein paar Worte zur Physik.
Ein „schnelles“ Auto (und damit meine ich „schnell“ im Alltagsbetrieb auf normalen Strassen, aber vielleicht auch mal auf der Nordschleife des Nürburgrings oder auf dem Spreewaldring) muss nicht nur auf brettebener, trockener und gerader Strecke, sondern auch in Kurven und auf unebener Strasse, in den Bergen und im Regen „schnell“ sein. Dabei ist es wie mit dem lieben Geld: Besserverdiener sind die, die mehr Geld kriegen als ich, und „schnell“ bedeutet demzufolge „schneller als andere vergleichbare Fahrzeuge“. Was „vergleichbar“ heißt, kann jeder für sich entscheiden – mein Vergleichsfahrzeug ist der Porsche 911 meines Friseurs (den ich sehr schätze, also den Friseur), der gebraucht schon teuerer war als mein GT neu gekostet hätte.
Hier ein paar Behauptungen, welche Eigenschaften ein „schnelles“ Auto haben muss (ich setze voraus, dass der Leser sich mit der Praxis des Autofahrens auskennt):
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Antrieb mit möglichst hohem Drehmoment über einen weiten Drehzahlbereich, um in jeder Lebenslage stark beschleunigen zu können, ohne viel schalten zu müssen.
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Ein Fahrwerk, das bei jedem Fahrzustand eine möglichst große Kontaktfläche zwischen Reifen und Fahrbahn ermöglicht (Traktion), um hohe Beschleunigung, Verzögerung und Kurvengeschwindigkeit zu ermöglichen.
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Möglichst geringe Masse (nicht Abmessungen sondern „Kilos“), um mit dem zur Verfügung stehenden Drehmoment eine hohe Beschleunigung und ein agiles Handling in Kurven erreichen zu können.
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Antrieb mit möglichst hoher Leistung, meist am oberen Ende des Drehzahlbandes, um eine hohe Geschwindigkeit erreichen und halten zu können.
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Möglichst geringer Luftwiderstand, um eine hohe Geschwindigkeit erreichen und (bei möglichst geringem Verbrauch) halten zu können.
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Möglichst geringe mechanische Widerstände (Roll/Reibungs-Widerstände) mit denselben Zielen „Höchstgeschwindigkeit“ und „Minimalverbrauch".
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Bremsen mit möglichst hohem „Drehmoment“ über ausreichend lange Zeit, um eine starke Verzögerung auch aus hohen Geschwindigkeiten bis zum Stand erzielen zu können.
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Gute Interaktion mit dem Fahrer: Das hat wenig mit Physik und viel mit Ergonomie und Design zu tun, darf hier aber nicht fehlen. Beispiel: Direkte Lenkung mit guter Rückmeldung.
Dazu nun ein paar Hintergründe.
Viel beachtete Messwerte für die Fahrleistungen eines Fahrzeugs sind z.B. die erreichbare Höchstgeschwindigkeit (abgekürzt Vmax und gemessen in Km/h) und die maximale Beschleunigung (z.B. von 0 auf 100 Km/h in Sekunden). Für die Allround-Eigenschaften wichtig sind aber auch die erreichbare Querbeschleunigung (d.h. wie schnell können Kurven durchfahren werden), die Stabilität (beim Bremsen und bei Ausweichmanövern) und das Verzögerungsvermögen, d.h. die Bremswirkung. Damit haben wir eigentlich alle realen Fahrsituationen erfasst.
Welche Grenzen gibt es aber für das Erreichen bestmöglicher Werte für Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung, Kurvengeschwindigkeit und Bremswirkung?
Natürlich: Die Physik.
Um ein Fahrzeug aus dem Stand in Bewegung zu bringen, benötigt man Kraft (die Massenträgheit muss überwunden werden, das Fahrzeug gewinnt dadurch „Bewegungsenergie“). Das kennt jeder, der schon mal anschieben musste: Je mehr Kraft man aufwenden kann (z.B. durch mehr Helfer), desto höher die resultierende Geschwindigkeit. Das gleiche gilt beim Verzögern: Um ein in Bewegung befindliches Fahrzeug wieder anzuhalten, muss man Kraft entgegen der Fahrtrichtung aufbringen. Leider spielt dabei auch die Masse des Fahrzeugs eine Rolle: Je höher sie ist (in Kilogramm), desto höher ist die Kraft, die dem Vorwärtsdrang des Fahrzeugs entgegengesetzt werden muss.
Die Kraft, die ein Kraftfahrzeug (sieh mal an!) in Bewegung setzt, ist aber keine geradlinige Kraft wie beim Anschieben durch Helfer, sondern eine drehende Kraft, die auf die Räder des Fahrzeugs wirkt (jedenfalls gilt das für unsere üblichen Autos und Motorräder ohne Raketenmotor). Diese Kraft nennt man Drehmoment, gemessen in „Newtonmeter“ (Nm). Newton ist eine Krafteinheit (früher Kilopond oder Kp), Meter eine Längeneinheit. Denken wir an das Hebelgesetz: Wenn wir an einem Schraubenschlüssel ziehen, um eine festsitzende Mutter zu lösen, geht das umso besser, je länger der Schlüssel (=Hebel) ist, und je mehr Kraft wir auf das freie Ende des Schlüssels geben können.
Also: Kraft x Hebel-Länge = Drehmoment. Im Fall eines Verbrennungsmotors mit Hubkolben (also kein Wankelmotor) wird die Kraft ursprünglich durch den Druck der Verbrennung auf den oder die Kolben erzeugt und dann durch die Kurbelwelle in eine Drehbewegung verwandelt. Diese Drehbewegung wird durch Getriebe-Zahnräder (halber Zahnrad-Durchmesser = Hebel) und Wellen zu den Antriebsrädern geleitet. Dort kann man sie auch messen, z.B. auf einem Leistungsprüfstand.
Merke: Je höher das Drehmoment, desto besser die Beschleunigung bei bestimmter Masse des Fahrzeugs.
Lassen wir also das Drehmoment immer feste auf unser Fahrzeug wirken! Damit müssten wir dann ja eine beliebige Geschwindigkeit erreichen können, oder? Aber hier gibt es leider ein paar kleine Hindernisse:
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Traktion: Das Drehmoment muss letztlich über die Reifen wirken, die sich sozusagen am Strassenbelag abstützen, um das Fahrzeug vorwärts zu bewegen (gleiches gilt umgekehrt beim Bremsen). Leider erfolgt diese Abstützung oder besser Kraftübertragung durch Reibung1 (unser Auto ist ja keine Zahnradbahn), und dieser Art der Kraftübertragung sind Grenzen gesetzt – sehr einprägsam bei Glatteis zu beobachten.
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Luftwiderstand: Je schneller sich unser Fahrzeug bewegt, desto höher (und zwar im Quadrat) wird der Widerstand durch die Verdrängung der umgebenden Luft (vereinfacht gesagt).
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Roll/Reibungswiderstände: Die Räder sind (zum Glück meistens) mit dem Strassenbelag im Kontakt, und dabei wird Bewegungsenergie durch Reibung und Verformung des Reifenmaterials in Wärme umgewandelt. Das passiert nicht nur an den Reifen, sondern entlang der kompletten mechanischen Kraftübertragung („Antriebsstrang“), denn überall tritt mehr oder weniger starke Reibung auf (Zahnräder, Lager, Kardan-Gelenke u.a.).
Durch diese Hindernisse sind also der erreichbaren Beschleunigung und Geschwindigkeit Grenzen gesetzt, und die Widerstände würden unser Fahrzeug ohne ständige Zufuhr von neuer Bewegungsenergie sogar schließlich zum Stillstand bringen. Wie führt man aber (physikalisch gesehen) Energie zu?
Einen Eimer mit 10 Litern Wasser in den 1. Stock hinaufzutragen ist Arbeit, das weiß vermutlich jeder (auch wenn es nicht jeder kennt). Durch diese Arbeit gewinnt der Eimer Energie, so genannte „potentielle Energie“. Dabei macht es erstmal keinen Unterschied, wie schnell wir den Eimer transportieren. Wenn es aber im ersten Stock brennt und der Faktor Zeit eine Rolle spielt, dann müssen wir eine Leistung vollbringen: Die Arbeit ist in einer bestimmten Zeit durchzuführen (zu leisten), sonst brennt die Bude ab. Leistung ist also Arbeit pro Zeiteinheit, und damit die Menge an Energie, die man in einer bestimmten Zeitspanne einem Objekt (in unserem Fall dem Eimer Wasser) hinzufügt.
Die Leistung wird gemessen in Kilowatt (Kw), früher PS (Pferdestärken). Ein PS ist die Leistung, die man benötigt, um eine Masse von 75 Kg gegen die Erdschwerkraft in einer Sekunde einen Meter hoch zu heben. Sehr anschaulich.
Zurück zum Kraftfahrzeug: Es verliert Bewegungsenergie durch die genannten Widerstände, und die Bewegungsenergie muss durch Energiezufuhr ersetzt werden. Diese Energiezufuhr muss in so kurzer Zeit erfolgen, dass der Energieverlust durch die Widerstände ausgeglichen werden kann, ohne an Geschwindigkeit zu verlieren. Wenn wir jetzt immer noch ein wenig schneller werden wollen, kommt es mehr auf diese Leistung (d.h. die schnelle Energiezufuhr) an als auf die reine Kraft (Drehmoment). Damit sind wir bei der zweiten wichtigen Kenngröße eine Kraftfahrzeug-Antriebs neben dem Drehmoment, nämlich der Antriebsleistung.
Merke: Je höher die Antriebsleistung, desto höher die erreichbare Geschwindigkeit bei bestimmten Widerständen.
So, jetzt zur Praxis: Wie baut man nun einen schnellen GT?
Hohes Drehmoment über einen weiten Drehzahlbereich: Viel Hubraum oder Aufladung per Turbolader oder Kompressor, um einen möglichst hohen Kolbendruck zu erreichen.
Hohe Leistung: Dito, zusätzlich durch möglichst hohe erreichbare Drehzahlen mehr Treibstoff-Luft-Gemisch-Durchsatz für mehr Leistung.
Fahrwerk und Traktion: Aktives Fahrwerk, breite Reifen, Allradantrieb, Allradlenkung (bewirkt stets maximale Kontaktfläche zwischen Reifen und Strassenbelag).
Geringe Masse (Kg): Konsequenter Leichtbau durch geeignete Materialwahl (Carbon, Titan, Aluminium) und Verzicht auf Luxus und Zusatzaggregate wie Klimaanlage usw. Problem: Die unter Fahrwerk und Traktion genannten Systeme sind alle eher schwer und damit nachteilig für die Fahrzeugmasse. Autos ohne Klimaanlage sind auch nicht mehr wirklich alltagstauglich.
Geringer Luftwiderstand: Auch Cw-Wert genannt; einen geringen Luftwiderstand erreicht man zunächst einmal durch Verringerung der Stirnfläche des Fahrzeuges und dann durch eine „stromlinienförmige“ Karosserie. Auch der Unterboden verdient Beachtung! Eine strömungsgünstige Karosserie bringt allerdings auch Nachteile mit sich, die man durch Front- und Heckspoiler wettmachen muss, damit man bei hohen Geschwindigkeiten nicht „abhebt“, und das bringt wieder zusätzliche Masse, besonders wenn es aktive Spoiler sind.
Geringe mechanische Widerstände: Jede zusätzliche Komponente im Antriebsstrang vermeiden, und die nötigen Komponenten so konstruieren, dass sie Drehmoment und Leistung effizient weiterleiten. Probleme: Ein Allradantrieb fügt jede Menge solcher Verlustbringer hinzu, und Breitreifen haben eben auch einen höheren Rollwiderstand.
Gute Bremsen: Scheiben mit großem Durchmesser und aus hochwertigem Material sind das A&O, dazu hochwertige Zangen und Beläge, Servounterstützung (Gewicht!), stabile Bremsleitungen. Problem: Teuer, auch im Unterhalt.
Gute Interaktion mit dem Fahrer: Ergonomisches Cockpit-Design, nicht zu bequeme Servounterstützung, Assistenz-Systeme (ESP, ASP, KGB, FBI).
1 Stimmt nicht so ganz, denn zwischen Reifen-Gummi und Fahrbahn-Belag kommt es zu winzigen „Verzahnungen“, weil beide Poren haben, sich verformen und je nach Gummi und Temperatur „kleben“. Insofern spielt die Kontaktfläche eben doch eine große Rolle, obwohl sie in die üblicherweise gelehrte Formel für die per Reibung übertragbare Kraft nicht eingeht: Reibkraft = Andruckkraft x konstanter Faktor.